Literatur macht Mode - Das Buch zum Kleid

I: Das Buch zum Kleid

II: Das Kleid zum Buch

III: Das Kleid zum Verlag

 

Meinen 8-seitigen Artikel dazu, das Thesenpapier "Welches Buch ziehe ich an", gibt es hier als Download im PDF-Format.

Früher stand hinter der Mode ein rein ökonomisches Konzept, heute auch ein existentielles. Mode wird längst einbezogen in das Nachdenken über die Welt. Wie in der Literatur wird auch hier das Ich neu erfunden und offen ausgestellt.
Bücher stehen offen zu ihren Ansichten, haben nichts zu verbergen, geben sich Händen Blatt für Blatt hin. Aufgeschlagen zeigen sie Breitseite, im Regal an der Wand Schmalseite. Dort drehen sie uns kollektiv den Rücken zu. Dabei schätzt man sie als freie Persönlichkeiten, die wie jeder Einsiedler ihren  besonderen Raum brauchen.
Bücher müssen im Blick bleiben, im Blick der Öffentlichkeit, sonst verlieren sie sich im Off.  Nicht nur Fahrstühle oder ganze Autohäuser, sondern Bibliotheken sollten durchsichtig gebaut sein. Bücher möchten sich im freien Raum verteilen, sobald man Gefahr läuft, sie zu vergessen. Weg von den Wänden, wo sie uns den Rücken zukehren, raus aus den Regalen, unter die Augen, ins Freie. Kommt ins Offene, Freunde. Lasst euch blicken, bevor ihr zurück in die Regale tretet. Doch das ist der Haken: Bücher haben keine Haken. In der Hetze zum Bus oder zur Bahn muss man sein Buch im Lesesessel zu Hause zurücklassen, weil es auf die Schnelle nicht zu fassen ist.
Nicht Dichter, sondern Bücher brauchen wir zum Anfassen, Erfassen und Begreifen. Bücher mit Griff, Schleife, Schlaufe, Kette, Henkel, Leibbinde, Schnürchen, Schäkel, Band, Klebestrip, Lasche, Etui, angebunden und –gebändelt, angekettet, -geklettet und gekettelt mit Köcher, Riemen, Hülle, Halfter bis zur Trense. Tragbar als Minilaptop mit Bügelgriff, als Handtaschenbuch, Buchhandtasche, als Wunderknäuel, das man lesend aufspulen kann. Schon Rimbaud, Frankreichs größter Dichter, wusste nicht, wohin mit seinen Büchern. In einer alten Biographie findet man den Halbsatz: "... wie er betrunken einhertorkelt, eine Flasche Schnaps schwingend und ein Lexikon mit einem Strick um die Hüfte gebunden."

Literatur und Mode - Fantasie und Aktion waren der Aufhänger zu diversen Veranstaltungen, bei denen Kultur auf Tuchfühlung mit dem Publikum ging.

II: Das Kleid zum Buch

III: Kleider aus Papier

Mode-Manuskript

Gut lesbare Vergrößerung durch Anklicken

kleider

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TEXTil

Bisherige Presse zu Literaturmode und Papierkleidern:

Rosi Wissmann, AACHENER ZEITUNG, 20.11.1999:

Schrille Kleider aus Papier, futuristische Outfits aus Metall und extravaganten Kopfschmuck präsentiert derzeit die achte Mode-Performance "Quasi Moda" im Aachener Ludwig-Forum. Die Show aus tragbarer Kunst experimenteller Mode läuft noch bis morgen. Das Recht zur ewigen Transformation und feine Schichten der Vervollkommnung wurden dort ästhetisch in Szene gesetzt. Ebenfalls überzeugend, weil überraschend, war die Kollektion tragbarer Papierkunst.

 

Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, Programminformation 2001:

Projekt "TEXTil -Mode der Zukunft" - so heißt eine von der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen initiierte Modenschau der besonderen Art, die sich mit Entwürfen und Visionen zu Textilien und Moden der Zukunft auseinandersetzt.
Im Mittelpunkt stehen Möglichkeiten formaler und inhaltlicher Art, die die Mode als innovates und trendzentriertes Medium zu bieten hat: Ausgefallene Materialien, spezielle Schnitte und überraschende Kombinationen von Ideen, pointiert mit Accessoires in ungewöhnlicher Zusammenstellung.
Die Mode wird in dieser Schau und Ausstellung inszeniert als Träger von Signaturen und Signalen einer Zukunft zwischen Lifestyle, Form-Ekstase, Bedeutungserweiterung und technologischer Körperfolie.
Die Schnitte reichen in ihrer futuristischen Formensprache von provokanten Körpersilhouetten über Kleidungskombinationen im Zwillings-Look bis zu meditativen Gewändern, deren Stoffe die Trägerin eher traumgleich und skizzenhaft umspielen.
Mit ihren Entwürfen an dem Projekt "TEXTil - Mode der Zukunft" haben mitgearbeitet: Helma Trunkschke (Textildesignerin, Bielefeld), Ele Klein (atelier Klein, Berlin), Frederike Frei (Autorin, Potsdam) in Zusammenarbeit mit dem Atelier "Literatur macht Mode", Ramona Christophel und Karin Pfannenschmidt.
Es geht um Literatur und Mode auf zwei Ebenen (das materielle Buch als realer Bestand der Kleidung und der Inhalt des Buches als Symbolträger der Kleidung - bezogen auf die Zukunft.
START: 4. Oktober 2001 um 20 Uhr mit einer Future-Modenschau in der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, in der ein großer Teil der entworfenen Kleider auf dem Laufsteg vorgeführt werden. Anschließend werden die Kleider zusammen mit den Entwurfsmappen aus den Ateliers der Designerinnen für drei Wochen im Künstlerdorf Schöppingen zu sehen sein. Zweite Station wird dann ebenfalls mit einer Future-Modenschau und anschließender Präsentation der Exponate das Textilmuseum- Industriemuseum der Stadt Bocholt sein.

 

Ronald Glomb, Berliner Morgenpost, 19. April 2001:

Die Lyrikerin Frederike Frei sprüht vor Ideen. Sie entwirft jetzt Mode.
Potsdam. So umtriebig wie Frederike Frei sind wohl nur wenige Schriftstellerinnen. Die Hamburgerin, die seit vier Jahren in Potsdam lebt, hat mit ihrem kleinsten 'BaUCHLADEN' der Welt auf der Frankfurter Buchmesse handschriftlich ihre Gedichte verkauft. Das Stück zu einer Mark. "Davon habe ich gelebt", sagt Frederike Frei. Was im Jahre 1976 für viel Wirbel im Blätterwald sorgte. Heute noch wird sie darauf angesprochen.
"Ich war die erste, die sich hinter ihre Gedichte stellte." Zug um Zug ist es weitergegangen. Die Autorin hat ein Literaturpostamt gegründet - "das war die nächste Lawine", erinnert sie sich -, Textschaukästen erfunden und ein viertägiges 'Festival zum Tod' ins Leben gerufen. "Und dann bin ich hierhergezogen." Sie wollte Abstand von Hamburg gewinnen und zog mit ihrem Lebenspartner zusammen. (...) Das Feuerwerk an Ideen ist der Dichterin nicht ausgegangen. Sprühende Gedanken werden zu Papier gebracht (...) Die Autorin ist unter die Modemacherinnen gegangen. Mode und Literatur, Text und Textil werden eins, wenn Frederike Frei ihre Kleider designt. "Zuerst war es nur eine ironische Geschichte", erzählt sie, "jetzt überlege ich, eine eigene Firma zu gründen." Die Vorlage für die fantasievollen Entwürfe liefern Verlagssignets. "Bei der Label-vernarrten Jugend wundert es, daß die Verlagssignets noch nicht entdeckt wurden."
Sechs Kleider hat sie inzwischen kreiert, darunter auch ein weißes, futuristisch anmutendes Kleid, das das Verlagszeichen des auf Ethonologisches spezialisierten Berliner Dietmar Reimer Verlag zum Vorbild hat: die Palme.
"Die Mädchen stolzieren darin herum auf dem Laufsteg, und dann erzähle ich ihnen etwas von dem Verlag." Die Papierkleider sind aus Tyvek. "Das ist ein Stoff aus den USA", sagt Frederike Frei, "den man waschen, aber nicht bügeln kann."
'Losgelebt' heißt ihre optimistische Devise. 'Losgelebt' ist auch der Titel ihres ersten 1977 erschienenen Gedichtbandes. Er hat bis heute viele Auflagen erlebt.

Journal für die Frau Nr. 23/ 2001:

Warum Bücher nicht immer bei sich tragen? Nach diesem Motto entwarf Autorin Frederike Frei die Modekollektion, in der Text und Textil eins werden. (Foto: u.) Textil - Mode der Zukunft in Bocholt (31.10. - 25.11.2001)

 

 

Matthias Hassenpflug, POTSDAMER NEUESTE NACHRICHTEN, 26. April 2001:

Welches Buch ziehe ich an? Das klingt zuerst nach einer recht verrückten Frage, die Frederike Frei da beschäftigt. Vielleicht 'Bonjour Tristesse' von Francoise Sagan, das von den ewigen Entscheidungen im Leben handelt. "Literatur ist Mode!" war das Ergebnis von Freis Überlegungen, nachdem ihr die Korrespondenzen zwischen Text und Textil, zwischen Buch und Tuch aufgefallen waren. Die vor drei Jahren von Hamburg nach Potsdam übergesiedelte Schriftstellerin besitzt eine ganz spezielle Gabe, Dinge von zwei Seiten zu sehen. Die eine ist beinahe schmerzhaft naiv. Man lacht auf, denn Bücher kann man nun einmal nicht anziehen. Aber wenn Frei ihren Ansatz zu erläutern beginnt, dann wird ihr eigentliches Interesse deutlich, Diese zweite Seite ist gar nicht versponnen, sondern passt gut in unsere Zeit, in der es zu den größten Tugenden gehört, wenn man sein eigenes Start-Up Unternehmen gründet ...
Das Stichwort war crossover-Literatur-Mode: "Darüber habe ich nachgedacht, erst im ironischen Sinne, und dann wollten die Leute das plötzlich haben." (...) Sollte man Bücher nicht immer bei sich tragen können? Sollte man sich nicht genauso mit den Büchern identifizieren können wie mit der Mode seines Lieblingsdesigners? Ihre Idee war simpel: Text und Textil werden eins. "Das Ich wird neu erfunden und offen ausgestellt, sowohl in der Mode wie in der Literatur. Das verbindet beide Bereiche", ist Frei sich sicher. So ziehen Mittelstreifen einer Straße über ihren Entwurf zu 'Bonjour Tristesse' (...) In den sechs eleganten Kleidern, die von den Modedesignern Ramona Christophel und Katrin Pfannenschmidt miterdacht und umgesetzt wurden, befindet sich immer auch ein Platz für die geliebte Lektüre. "Einsteckbuch statt Einstecktuch" heißt das Motto. Klingt ein bisschen wahnsinnig, aber an der Sache ist etwas dran, "Literatur macht Mode" wird Ende Oktober im Textilmuseum in Bocholt, Münsterland, zu sehen sein.

 

Märkische Allgemeine, 17. Sept. 2007:

Die fantasievollen Kreationen von Frederike Frei fanden durch die Präsentation von Models, die auf dem "Catway" die zarten Papierkleider bis zum Pfauenschlag brachten, viel Beifall.

 
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