Literatur macht Mode - Das Kleid zum Buch

I: Das Buch zum Kleid

II: Das Kleid zum Buch

III: Das Kleid zum Verlag

 

In Zusammenarbeit mit zwei Designabsolventinnen der FHTW Berlin entstanden zehn Entwürfe zum Thema Literatur und Mode.

'unsterbl.ich' 'Der Liebhaber' 'Der alte Mann und das Meer' 'Frühlings Erwachen'

Man trägt Buch

"Schöngeistige Literatur" ist es, die die Potsdamer Autorin Frederike Frei auf den Laufsteg bringt, "da diese immer wieder neu gelesen werden will".
Die Entwürfe zu Bonjour Tristesse von der Sagan und zu Frederike Freis eigenem Monolog Unsterbl.ich sind bereits als Kleider angefertigt worden. In einer Future-Modenschau präsentiert die Stiftung Künstlerdorf Schöppingen 1999 den Katalog TEXTil - Mode der Zukunft. Sie wurden vom Künstlerdorf Schöppingen angekauft nach der Ausstellung "TEXTiL" im Textilmuseum Bocholt.
Die anderen Entwürfe zu Büchern oder Geschichten warten noch auf ihre Realisation, d.h. auf  Investoren wie z. B. Verlage, Papierfabriken u.a.

Frühlings Erwachen von Wedekind wird zur Frühjahrsbluse.

Das Stück Straßenvlies beim Bau des Potsdamer Hauptbahnhofs, das Bauarbeiter vor die Reifen von Betonmischern legen, damit diese sich durch den Baustellenmatsch fortbewegen können, wurde zu meinem Ausgangsmaterial für das Kleid zu Bonjour Tristesse von Francoise Sagan. Die schwarzen senkrechten Schmaltaschen in diesem weißen Kleid ähneln den Mittelstreifen einer Straße.  Die Heldin geht ihren Weg. Das Kleid ist ausgestellt im Textilmuseum zu Bocholt.

Im Umhangmodell zum Text Vor dem Gesetz von Kafka finden sich Geheimtaschen, unübersichtlich selbst für den Träger.

Der alte Mann und das Meer von Hemingway: Netzgewand mit Schleppe.

Das Modellkleid für den Der Liebhaber von der Duras vereint beide Elemente: Herrenanzug und Damenkleid, dazu Schuhe mit Hoch- und Flachhacke, das Model geht bewusst hochtief und kreiert damit einen neuen Gang.

Für mein eigenes Buch Unsterbl.ich erfand ich ein Paarkleid, in das man sich gemeinsam oder einsam ein- und oder auswickeln lässt, ohne Anfang, ohne Ende, wie eine Acht, das Zeichen für Unendlichkeit. Sitzt man allein damit da, hängt der andere Teil melancholisch herab. Dazu Schuhe, deren Blockabsätze als kleine Buchregale zu benutzen sind, aus denen man sich bedienen kann, wenn man irgendwo warten oder herumsitzen muss und  wie üblich gute Lektüre vermisst.

I: Das Buch zum Kleid

II: Das Kleid zum Buch

III: Kleider aus Papier

Bonjour Tristesse

Kleid zu "Bonjour Tristesse", Ansicht Rück- und Vorderseite

TEXTil

Geisterhaus

"Das Geisterhaus"

 

Bisherige Presse zu Literaturmode und Papierkleidern:

Rosi Wissmann, AACHENER ZEITUNG, 20.11.1999:

Schrille Kleider aus Papier, futuristische Outfits aus Metall und extravaganten Kopfschmuck präsentiert derzeit die achte Mode-Performance "Quasi Moda" im Aachener Ludwig-Forum. Die Show aus tragbarer Kunst experimenteller Mode läuft noch bis morgen. Das Recht zur ewigen Transformation und feine Schichten der Vervollkommnung wurden dort ästhetisch in Szene gesetzt. Ebenfalls überzeugend, weil überraschend, war die Kollektion tragbarer Papierkunst.

 

Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, Programminformation 2001:

Projekt "TEXTil -Mode der Zukunft" - so heißt eine von der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen initiierte Modenschau der besonderen Art, die sich mit Entwürfen und Visionen zu Textilien und Moden der Zukunft auseinandersetzt.
Im Mittelpunkt stehen Möglichkeiten formaler und inhaltlicher Art, die die Mode als innovates und trendzentriertes Medium zu bieten hat: Ausgefallene Materialien, spezielle Schnitte und überraschende Kombinationen von Ideen, pointiert mit Accessoires in ungewöhnlicher Zusammenstellung.
Die Mode wird in dieser Schau und Ausstellung inszeniert als Träger von Signaturen und Signalen einer Zukunft zwischen Lifestyle, Form-Ekstase, Bedeutungserweiterung und technologischer Körperfolie.
Die Schnitte reichen in ihrer futuristischen Formensprache von provokanten Körpersilhouetten über Kleidungskombinationen im Zwillings-Look bis zu meditativen Gewändern, deren Stoffe die Trägerin eher traumgleich und skizzenhaft umspielen.
Mit ihren Entwürfen an dem Projekt "TEXTil - Mode der Zukunft" haben mitgearbeitet: Helma Trunkschke (Textildesignerin, Bielefeld), Ele Klein (atelier Klein, Berlin), Frederike Frei (Autorin, Potsdam) in Zusammenarbeit mit dem Atelier "Literatur macht Mode", Ramona Christophel und Karin Pfannenschmidt.
Es geht um Literatur und Mode auf zwei Ebenen (das materielle Buch als realer Bestand der Kleidung und der Inhalt des Buches als Symbolträger der Kleidung - bezogen auf die Zukunft.
START: 4. Oktober 2001 um 20 Uhr mit einer Future-Modenschau in der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen, in der ein großer Teil der entworfenen Kleider auf dem Laufsteg vorgeführt werden. Anschließend werden die Kleider zusammen mit den Entwurfsmappen aus den Ateliers der Designerinnen für drei Wochen im Künstlerdorf Schöppingen zu sehen sein. Zweite Station wird dann ebenfalls mit einer Future-Modenschau und anschließender Präsentation der Exponate das Textilmuseum- Industriemuseum der Stadt Bocholt sein.

 

Ronald Glomb, Berliner Morgenpost, 19. April 2001:

Die Lyrikerin Frederike Frei sprüht vor Ideen. Sie entwirft jetzt Mode.
Potsdam. So umtriebig wie Frederike Frei sind wohl nur wenige Schriftstellerinnen. Die Hamburgerin, die seit vier Jahren in Potsdam lebt, hat mit ihrem kleinsten 'BaUCHLADEN' der Welt auf der Frankfurter Buchmesse handschriftlich ihre Gedichte verkauft. Das Stück zu einer Mark. "Davon habe ich gelebt", sagt Frederike Frei. Was im Jahre 1976 für viel Wirbel im Blätterwald sorgte. Heute noch wird sie darauf angesprochen.
"Ich war die erste, die sich hinter ihre Gedichte stellte." Zug um Zug ist es weitergegangen. Die Autorin hat ein Literaturpostamt gegründet - "das war die nächste Lawine", erinnert sie sich -, Textschaukästen erfunden und ein viertägiges 'Festival zum Tod' ins Leben gerufen. "Und dann bin ich hierhergezogen." Sie wollte Abstand von Hamburg gewinnen und zog mit ihrem Lebenspartner zusammen. (...) Das Feuerwerk an Ideen ist der Dichterin nicht ausgegangen. Sprühende Gedanken werden zu Papier gebracht (...) Die Autorin ist unter die Modemacherinnen gegangen. Mode und Literatur, Text und Textil werden eins, wenn Frederike Frei ihre Kleider designt. "Zuerst war es nur eine ironische Geschichte", erzählt sie, "jetzt überlege ich, eine eigene Firma zu gründen." Die Vorlage für die fantasievollen Entwürfe liefern Verlagssignets. "Bei der Label-vernarrten Jugend wundert es, daß die Verlagssignets noch nicht entdeckt wurden."
Sechs Kleider hat sie inzwischen kreiert, darunter auch ein weißes, futuristisch anmutendes Kleid, das das Verlagszeichen des auf Ethonologisches spezialisierten Berliner Dietmar Reimer Verlag zum Vorbild hat: die Palme.
"Die Mädchen stolzieren darin herum auf dem Laufsteg, und dann erzähle ich ihnen etwas von dem Verlag." Die Papierkleider sind aus Tyvek. "Das ist ein Stoff aus den USA", sagt Frederike Frei, "den man waschen, aber nicht bügeln kann."
'Losgelebt' heißt ihre optimistische Devise. 'Losgelebt' ist auch der Titel ihres ersten 1977 erschienenen Gedichtbandes. Er hat bis heute viele Auflagen erlebt.

 

Journal für die Frau Nr. 23/ 2001:

Warum Bücher nicht immer bei sich tragen? Nach diesem Motto entwarf Autorin Frederike Frei die Modekollektion, in der Text und Textil eins werden. (Foto: u.) Textil - Mode der Zukunft in Bocholt (31.10. - 25.11.2001)

 

 

Matthias Hassenpflug, POTSDAMER NEUESTE NACHRICHTEN, 26. April 2001:

Welches Buch ziehe ich an? Das klingt zuerst nach einer recht verrückten Frage, die Frederike Frei da beschäftigt. Vielleicht 'Bonjour Tristesse' von Francoise Sagan, das von den ewigen Entscheidungen im Leben handelt. "Literatur ist Mode!" war das Ergebnis von Freis Überlegungen, nachdem ihr die Korrespondenzen zwischen Text und Textil, zwischen Buch und Tuch aufgefallen waren. Die vor drei Jahren von Hamburg nach Potsdam übergesiedelte Schriftstellerin besitzt eine ganz spezielle Gabe, Dinge von zwei Seiten zu sehen. Die eine ist beinahe schmerzhaft naiv. Man lacht auf, denn Bücher kann man nun einmal nicht anziehen. Aber wenn Frei ihren Ansatz zu erläutern beginnt, dann wird ihr eigentliches Interesse deutlich, Diese zweite Seite ist gar nicht versponnen, sondern passt gut in unsere Zeit, in der es zu den größten Tugenden gehört, wenn man sein eigenes Start-Up Unternehmen gründet ...
Das Stichwort war crossover-Literatur-Mode: "Darüber habe ich nachgedacht, erst im ironischen Sinne, und dann wollten die Leute das plötzlich haben." (...) Sollte man Bücher nicht immer bei sich tragen können? Sollte man sich nicht genauso mit den Büchern identifizieren können wie mit der Mode seines Lieblingsdesigners? Ihre Idee war simpel: Text und Textil werden eins. "Das Ich wird neu erfunden und offen ausgestellt, sowohl in der Mode wie in der Literatur. Das verbindet beide Bereiche", ist Frei sich sicher. So ziehen Mittelstreifen einer Straße über ihren Entwurf zu 'Bonjour Tristesse' (...) In den sechs eleganten Kleidern, die von den Modedesignern Ramona Christophel und Katrin Pfannenschmidt miterdacht und umgesetzt wurden, befindet sich immer auch ein Platz für die geliebte Lektüre. "Einsteckbuch statt Einstecktuch" heißt das Motto. Klingt ein bisschen wahnsinnig, aber an der Sache ist etwas dran, "Literatur macht Mode" wird Ende Oktober im Textilmuseum in Bocholt, Münsterland, zu sehen sein.

 

Märkische Allgemeine, 17. Sept. 2007:

Die fantasievollen Kreationen von Frederike Frei fanden durch die Präsentation von Models, die auf dem "Catway" die zarten Papierkleider bis zum Pfauenschlag brachten, viel Beifall.

 
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