WO WOHNEN DIE WÖRTER
Wo wohnen die Wörter im
Schlaf in der Stille des
Sturms im ruhig Blut im
unwirschen un in der
Einsilbe Nein, im Nachhall
des Ja, immer im Nimmer, im
Zimmergrau, im Immerblau
im im im Hollerbeersekt.
Warum nicht? Es ist ein
ganz altes Rezept.
Eins im Sinn, alle anderen
immer auf Achse diese
Tippelbrüder. Im Wohnwagen
wagen sie zu wohnen, am
Ende der Welt, am Anfang
der Sätze. Sie drängeln
sich im Off, um gleich
an die Reihe zu kommen,
um einzuziehn schön in
Geschichten, Gedichte,
am liebsten in Märchen
oder sammeln sie sich
als Läuse im Pelz von
Allerleirauh, sitzen auf
toten Frauenlippen im Keller
des Blaubarts hinter der
dreizehnten Tür im tiefen
Teich beim Eisenhans, in
der Löwenhöhle des
Schweigens. Ja, da. |
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[ohne Titel]
Stülp ein Haus um, gieß
Wasser hinein und schütt es
Aus wie einen Eimer. Nimm
Einen Häuserblock, schütte
Ihn aus. Nimm eine ganze
Reihenhaussiedlung, schütt
Sie aus. Dann hörst du die
Brandung. Nicht aufhören.
Gleich mit dem nächsten
Viertel anfangen. |
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NEUHARLINGERSIEL
Nachts hab ich die frühen Fischer gesehn
Sie standen schwarz vorm Segel
Wie Nägel krumm
Als ich vom Land ans Ufer trieb
Schlafwanderten Schiffe vorbei
Die Nacht war stumm
Ich belud klammheimlich die Masten
Sie legten sich schwerer ins Meer
Bald schlagen sie um
Die Fischer haben mich nie gesehn
Sie fahren unterm schwarzen Segel
Und kehren nicht um. |
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